In den 1920er Jahren entstanden verschiedene europäische (Film-)Kunstrichtungen wie Kubismus, Futurismus, Dadaismus, Surrealismus, Konstruktivismus, Absoluter Film und Cinéma pur. Mit ihrem Interesse an abstrakten, anti-naturalistischen Formexperimenten, visuellen Effekten, Rhythmik und Montage bestand eine enge (z. T. personelle) Verbindung zwischen der Filmavantgarde und vergleichbaren Bewegungen in Malerei, Fotografie und Musik. Die Stummfilmmusiktage präsentieren eine Auswahl mit Werken aus dem Jahr 1924 von den Künstlern Viking Eggeling, Fernand Léger und Dudley Murphy, Walter Ruttmann und René Clair, ergänzt um die Wochenschau DEULIG-WOCHE NR. 16/1924 (DE 1924 | 12 Min. | Produktion: Deulig-Film A.G., Berlin).
Mit
SYMPHONIE DIAGONALE
(DE 1924 | 8 Min. | Regie: Viking Eggeling | Kamera & Schnitt: Viking Eggeling, Ré Soupault | Animation: Ré Soupault | Leihgeber: Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe) schuf der in Deutschland lebende schwedische Dadaist Viking Eggeling einen der zentralen „absoluten“ Filme der frühen Filmgeschichte. Eggeling nutzt nicht die gesamte Bildfläche, sondern setzt die sich verändernden Formen isoliert in den dunklen Bildraum. Henri Chomette, René Clairs Bruder, prägte den Ausdruck Cinéma pur: „Filmrhythmus ist eine Potenz, die jenseits von Tatsachenlogik und Realität Visionen erzeugt, wie sie nur im Verein von Linse und Filmband zustande kommen.“
Fernand Léger und Dudley Murphy machten mit
BALLET MÉCANIQUE
(FR 1924 | 12 Min. | Regie: Fernand Léger, Dudley Murphy | Kamera: Dudley Murphy, Man Ray | Leihgeber: Eye Filmmuseum) einen Schritt in Richtung der Entdeckung des filmischen Objekts anstelle der naturalistischen und dramatischen Handlung. Sie bauten den Film allein auf dem plastischen Wert des Objekts auf und befreiten es vollständig von seiner rationalen, anekdotischen und symbolischen Bedeutung.
Mit dem Ausspruch „Man soll sich dabei gar nichts denken“ charakterisierte Walter Ruttmann seine Filme
OPUS 2–4
(DE 1921–1925 | 10 Min. | Regie, Animation & Schnitt: Walter Ruttmann | Leihgeber: DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum). Als Maler reizte ihn die Darstellung der durch den Film gegebenen Möglichkeiten, abstrakte Formen in Bewegung zu versetzen und aus dem bewegten Bild neue Formen zu komponieren, eine „Synphonie des Optischen“.
René Clairs
ENTR’ACTE
(FR 1924 | 22 Min. | Regie: René Clair | Buch: Francis Picibia |Kamera: Jimmy Berliet | Leihgeber: Fondation Jérôme Seydoux-Pathé) ist bis heute einer der bekanntesten Avantgardefilme der 1920er Jahre und wurde sofort als „filmisches Meisterwerk“ gefeiert. Als ‚Zwischenakt‘ für das Ballett „Relache“ von Francis Picabia gedreht, ist das einflussreiche Werk in seiner beabsichtigten Provokation und grotesken Form stark vom Dadaismus geprägt.
DIE FILMISCHE AVANTGARDE 1924
OPUS II bis OPUS IV
D 1921–1925 | 10 Min. | Regie: Walter Ruttmann
SYMPHONIE DIAGONALE
D 1924 | 8 Min. | Regie: Viking Eggeling
BALLET MÉCANIQUE
F 1924 | 12 Min. | Regie: Fernand Léger, Dudley Murphy
ENTR’ACTE
F 1924 | 22 Min. | Regie: René Clair
DEULIG WOCHENSCHAU
D 1924 | 16 Min.
ENTR'ACTE was restored in 4K in 2018 by Fondation Jérôme Seydoux-Pathé at L’Immagine Ritrovata laboratory from the original nitrate negative and from a print deposited by René Clair at Fondazione Cineteca Italiana, Milan. With funding provided by CNC – Centre national du cinéma et de l’image animée.